24.01.2019 Sekouantou und Patenkinder

Mittwochmorgen fahren wir schon um halb 8 los, um die Grundschule in Sekouantou zu besuchen. Diese Schule ist die Partnerschule der Marienschule in Euskirchen. Mit Hilfe der Marienschule konnten wir in den letzten 15 Jahren schon sehr viele Projekte umsetzen: Brunnen, Schulbänke, Kantine, Eselskarren, Renovierung der Böden in den Klassen, Neubau einer 4 Klasse und vor 2 Jahren den Bau einer Bibliothek. Zusätzlich musste, leider viel zu oft, Hungerhilfe in Form von Nahrungsmitteln gewährt werden. Einige Klassen der Marienschule haben Patenschaften für Kinder übernommen und ermöglichen diesen den Besuch der Schule. Schulbesuch ist zwar Pflicht, muss aber bezahlt werden. Auch im letzten Jahr haben die Schüler bei den verschiedenen Aktivitäten sehr fleißig gesammelt. Beim Sponsorenlauf an der Steinbachtalsperre im Juli waren wir mit unseren Gästen aus Piéla sogar vor Ort.
In der Schule in Sekouantou wurden wir freudig begrüßt und bei einem Rundgang zeigte man uns alles: Der Schulgarten und der Brunnen waren gut intakt. Die Bibliothek ist mittlerweile zu einer weiteren Klasse umfunktioniert worden, in der 107 Kinder lernen! Und der Bedarf ist noch größer.
Bei der anschließenden Zusammenkunft mit Lehrern und Eltern wurde nach den freundlichen und langen Begrüßungen jedoch auch Klartext gesprochen. Es wurde der Wunsch an uns herangetragen, beim Bau einer weiteren Klasse zu helfen. Das ist verständlich. César forderte die Lehrer und Eltern, aber auch alle Bewohner des Ortes auf, beim Bau zu helfen. Getreu unserem Motto „Hilfe zur Selbsthilfe“. Ich merkte zudem an, man möge sich bitte mal Gedanken über die Anzahl der Kinder machen. Das sorgte für nachdenkliche Gesichter. Auch wenn ich die hiesige Sprache Gourmanché nicht verstehe, bin ich mir sicher, dass César das auch so übersetzt hat. Dieses Thema besprechen wir sehr oft, auch wenn wir keine Patentlösung dafür/dagegen haben. Für mich ist das eins der großen Probleme, weil das ständige Anwachsen der Bevölkerung die ganze Entwicklung verwässert. Ein Beispiel: Es gehen heute prozentual weniger Kinder zur Schule, obwohl es absolut viel mehr sind. Mit der Ausbildung ist es genauso. Der Minister erklärte uns, warum es so schwer sei, die gesetzten Ziele zu erreichen. Zurzeit wächst die Bevölkerung in Burkina Faso jährlich um 3 %. Das bedeutet, dass sich die Bevölkerung in ca. 25 Jahren verdoppeln wird. Und das in fast allen Ländern Afrikas.

Die Vertreter der Eltern und des Dorfes versicherten uns, dass sie alle nur erdenkliche Hilfe leisten würden und wir überreichet einen symbolischen Scheck über 3,2 Millionen CFA, das sind ungefähr 5000 €. Damit soll das Gebäude gebaut werden.
Im Anschluss bekamen wir zum Dank noch etliche Hähnchen und Hühner.
Auf dem Rückweg wurde eins an einer Grillstelle direkt zum Mittagessen verarbeitet. Pech gehabt.
Anschließend führte uns der Weg noch nach Kouri, dem Heimatort von Daniel und dem Arbeitsplatz von Angéline.
Angéline hat dort eine Wohnung vom Krankenhaus. Nach und nach trudeln dann fast alle ihre Kollegen bei ihr ein, um mich zu begrüßen. Im Anschluss besichtigen wir das Krankenhaus. Die verschiedenen Abteilungen sind in z.T. weit entfernten Gebäuden untergebracht. Man erklärte, da sei, um eventuelle Infektionen von den anderen Abteilungen fern zu halten. Es gibt eine Geburtsstation, was ja schon mal ein echter Fortschritt ist. Hier werden im Monat ca. 60 Kinder geboren. Wisst ihr, dass die kleinen Kinder bei der Geburt noch nicht dunkelhäutig sind? Sie werden mit hellerer Hautfarbe geboren und die Farbe entwickelt sich erst nach der Geburt, bald sind sie dann auch „schwarz“.
Man darf keine europäischen Maßstäbe anlegen, sonst wäre man entsetzt. Es ist jedenfalls besser, als in einer Lehmhütte ohne Strom und Licht das Kind zu bekommen. Es gibt Ärzte, welche die Frauen schon während der Schwangerschaft untersuchen und betreuen. Es freut mich, dass es hier ein Büro zur Familienplanung gibt. Ob es genutzt wird, weiß ich nicht. Da es keinen Strom im Krankenhaus gibt, Licht kommt von kleinen Solaranlagen, gibt es auch fast keine Geräte. Das einzige technische Gerät ist ein gasbetriebener Kühlschrank, der zur Kühlung von Impfstoffen dient.
Neben der Kinderstation gibt es auch eine allgemeine Abteilung für alle anderen Fälle. Die Patienten müssen, wenn sie im Krankenhaus bleiben, selber kochen. Dazu gibt es Kochstellen. Die Lebensmittel müssen mitgebracht werden.
Ein HOCH auf unser Gesundheitssystem! Denkt mal daran, wenn ihr euch wieder über Kleinigkeiten ärgert oder aufregt. Das ist Jammern auf sehr hohem Niveau.
Am Abend waren wir noch bei den Pfarrern Abbe Jakob und Celestine zum Abendessen eingeladen. Nur Abbe Jakob war da. Abbe Celestine hatte noch Termine in der großen Gemeinde und blieb über Nacht in einem der Dörfer. Der Koch hatte wieder gut gekocht und bei den Priestern kann sogar ich etwas essen.

Donnerstag 24.01.2019
Heute stand das Treffen mit den Patenkindern und ihren Eltern an. Die meisten haben ihr Schulgeld schon bekommen, andere bekommen es erst heute, da einige Pateneltern es sehr spät überwiesen hatten. Auch in diesem Kreis musste ich über die Zukunft der Patenschaften in Bezug auf die Kommunikation, die mangelnde Transparenz, das Alter mancher Kinder und die teilweise sehr schlechten Leistungen in der Schule sprechen. Es kann aus meiner Sicht nicht sein, dass die Kinder immer weiter zur Schule gehen, nur weil jemand Schulgeld bezahlt. Auch unser Patenkind hat mehrere Jahre gebraucht, um das 10. Schuljahr und die Prüfung zum Gymnasium zu bestehen. Er wird im Februar 22 Jahre alt und geht in die 11. Klasse am Gymnasium. Er ist in den letzten 4 Jahren ein staatlicher junger Mann geworden. In diesem Jahr fahren wir seine Familie nicht besuchen, da dieser Ort zu weit abseits der großen Straßen gelegen ist. Schon am Morgen hat er zusammen mit seinem Vater einen stattlichen Hahn als Geschenk vorbeigebracht und mich auf Deutsch begrüßt und sich nach Martina, Nils und Annika erkundigt. Ich erinnere mich noch, dass ich ihm vor 4 Jahren ein Foto der ganzen Familie mitgebracht habe und er es jedem gezeigt hat mit dem Hinweis auf die Namen.
Insgesamt waren 48 der 80 Patenkinder anwesend, viele mit ihren Vätern oder Müttern. Ich bin sehr gespannt, ob die Worte gehört und vor allem verstanden wurden. Von den anwesenden Patenkindern werde ich Bilder und den aktuellen Status in der Schule mitbringen. Zu mehr hat die Kommunikation nicht gereicht. Mit Matthias hat es aber geklappt, wir haben das jetzt schon mehrfach gemacht und wissen, wie wir uns verständigen.

Am Nachmittag kam dann die Nachricht, dass es eine neue Regierung gebe und zu unserer Freude ist der Minister für Bildung unverändert der Minister, mit dem wir Anfang letzter Woche gesprochen haben. Erstaunt hat mich, dass sich ein solch armes Land über 30 Minister gönnt. Wenn man genauer hinschaut, gibt es aber Ressorts, an die niemand in Deutschland überhaupt denkt. Minister für Wasser, Minister für Alphabetisierung. Es gibt auch eine Ministerin nur für Frauen. Wir sind sehr glücklich, dass wir uns nicht auf einen neuen Minister einstellen müssen und warten ab, wie es weitergeht. Natürlich warten wir nicht wirklich, sondern zum Ende werden die Termine immer mehr und die Tage immer länger.

Gute Nacht
Uli

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